Grausame Geräusche – Fauler Wiesn-b31-Klangort
Hörsituation aus der elektro-akustischen Komposition ‚les bruits affreux – homage à Henri Chopin‘ des Berliner Lautpoeten Valeri Scherstjanoi und Andreas Hagelüken (2009) und der permanenten Stadtinstallation B31 sowie einem Textkörper – Lackdruck auf Steingut – mit dem Manifest zur systematischen Audiologie für diese Ausstellung. Idee und Ausführung – Andreas Hagelüken, Laute – Valeri Scherstjanoi, Technische Unterstützung – Konrad Wallmeier. Andreas Hagelüken stellt Geräuschen und Klangsituationen nach, um sie aufzunehmen, zu analysieren und in neuem Kontext wieder vorzuführen.
DAS AUDIOTOP greift die akustische Situation des Skulpturenparks auf – ein Ort des visuellen Interesses und der ästhetischen Gestaltung, an dem die massive akustische Dimension von unseren antrainierten Filtern ausgeblendet wird. Die Umwidmung des Ortes in ein Audiotop überführt den Ort von seinem negativen Dasein als akustischer Müllkippe in einen Kontext ästhetischer Reflexion: Hier läuft das Geräuschorchester der „Green City“ zur Hochform auf und webt dabei einen mannigfaltigen Teppich aus 1000 und einem Rauschen. Dieser Ort der Skulpturen inmitten der permanenten Stadtinstallation Bundesstraße 31 erfährt nun seine Erweiterung durch die hörskulpturale Intervention und knüpft an den im Frühjahr 2017 von Dr. Arno Amian erstmals ausgerufenen „onomatopoetischen B31-Ähnlichkeitswettbewerb“ an.
DER ORT: An diesen akustisch von Freiburgs Stadtautobahn beherrschten Ort wird die lautpoetische Radiokomposition „les bruits affreux“ verbracht. Zusammengesetzt aus eigens für das Stück vom Berliner Lautpoeten Valeri Scherstjanoi erzeugten Mundraum, Lippen- und Rachenlauten sowie Geräuschen in elektroakustischer Bearbeitung lädt die Komposition zum differenzierten Hören, gar zum Lauschen ein. Allerdings ist der ORT Dank der Dauerberieselung durch den Verkehrslärm (direkt hinter der Mauer) problematisch: Das Stück wird übertönt und seine Details verwischt. Lediglich nachts, wenn der Verkehr ruhiger wird, wäre die Komposition ungestört zu hören – doch dann ist der Park geschlossen. So sind die Besucher in ihrer Hinwendung einem schier unauflöslichen Konflikt ausgesetzt: Überhören von Verkehrslärm bei gleichzeitig gezielt ästhetischem Hinhören. Dabei kann ein neues, gesamthaftes Hörsubjekt/Stück entstehen.
DAS MANIFEST: Auf Stein aufgetragene Theoriefragmente aus dem Forschungsgebiet der Systematischen Audiologie definieren den Ort als „Audiotop“ und informieren den Rezipienten über die spannungsreiche Situation (Was ist das für ein Ort? Wie sieht er aus? Wie hört er sich an? Inwiefern höre ich, was ich sehe und umgekehrt. Was also ist wirklich hier? Was macht ihn als Ort akustisch aus und welchen Kontext stelle ich im Hören her? Wie sonst könnte er wahrgenommen werden? Welche kulturtechnischen Voraussetzungen beeinflussen meine Wahrnehmung des Ortes? Wie komme ich zum Hören des Stückes? Darf ich überhaupt versuchen, das Stück ohne den Ort, an den es verbracht wurde, anhören zu wollen?)
Hören sehen wie Sehen hören eben.